Fotografieren ist Glücksache. Sicher nicht. Genau so wenig wie Kochen Glücksache ist oder Autofahren. Kein Schreiner würde sagen, ich habe zwar mein Werkzeug im Griff, aber ob das Möbel dann wirklich gut rauskommt, ist Glück. Das ist beim Fotografieren genau so, man kennt sein Werkzeug oder nicht. Und doch ist’s irgendwie anders als in vielen Handwerken. Dass man sein Werkzeug, die Kamera, beherrscht, stellt sicher, dass man technisch korrekte Fotos damit schiessen kann. Das hat nichts mit Glück, sehr viel aber mit Handwerk zu tun.
Wo unterscheidet sich die Fotografie dann aber vom Handwerk des Zimmermanns oder Kochs? In der Fotografie geht’s um das Festhalten eines Augenblicks. Das setzt grundsätzlich mal voraus, dass man anlässlich eben dieses Augenblicks überhaupt vor Ort ist und die Kamera bereit hat. Kein Milan wartet auf dem Zaunpfahl, bis der Fotograf bereit ist. Und kein Reh stellt sich eine Minute länger auf den Weg, damit der Fotograf Zeit hat, das Objektiv zu wechseln. Der Tierfotograf würde da natürlich entgegenhalten: Man muss halt richtig vorbereitet sein und/oder entsprechend Geduld mitbringen.
Dann gibt es aber noch die andere Form von Glück, die mit dem heutigen Bild zusammen hängt. Schon unzählige Male bin ich an der hier gezeigten Szenerie vorbei gefahren oder spaziert. Einhundert Male habe ich diese Hütte schon gesehen. Aber an einem Tag im April dieses Jahres fuhr ich vorbei, blickte rüber und trat auf die Bremse. Wow! Die Sonne hatte keine Wolken vor sich und stand tief. Ihre Strahlen warfen viele dunkle Schatten. Eigentlich etwas, was man als Fotograf nicht besonders liebt. Aber dieses Mal hat es mich fasziniert.
Die feinen Hügelabstufungen fielen mir zum ersten Mal überhaupt so richtig auf. Schön gleichmässig, und doch völlig unwillkürlich erschien mir die Wiese. Wie ein Teppich, der nach dem Formen des Hügels drüber gelegt wurde. So würde ich wohl, das handwerkliche Geschick vorausgesetzt, einen Hügel auf einer Modellbahnanlage gestalten. Satte grüne Wiese, eine einzelne Hütte und sparsam ein paar Bäume verteilt. Dazu ein abwechslungsreicher Himmel mit Schmierwolken. Ich war fasziniert, musste aussteigen und ein Bild schiessen.
Ich hatte Glück. Glück, dass ich jetzt, wo die Sonne genau so auf diesen Hügel schien, hier vorbei kam.
One thought on “Glück in der Fotografie”