Auch wenn ich den Nebel nicht nur als Fotograf, sondern auch ganz persönlich mag: Irgendwann wird er mir zu viel und ich fange an zu zweifeln, dass es überhaupt noch einen blauen Himmel gibt. Das ist dann häufig der Zeitpunkt, an dem ich ins Auto steige und in höher gelegene Gebiete meiner Umgebung fahre. So auch an diesem Januarmorgen.
Es ist bitterkalt, das Thermometer zeigt minus 4 Grad. Aber es ist noch kälter. Als ich aus dem Auto steige, schlägt mir die Bise gnadenlos an die Birne. Das erinnert mich daran, meine Mütze mitzunehmen, um Hirnfrost vorzubeugen. Die dicken Handschuhe habe ich glücklicherweise auch dabei. Und während ich so eingemummt und mit dem Foto-Rucksack am Rücken durch den Schnee stapfe (Memo an mich: Wintertaugliche Wanderschuhe kaufen), versuche ich das Phänomen zu verstehen.
Wenn das Thermometer vier Grad unter Null anzeigt, dann ist die Temperatur eindeutig minus vier Grad. Wenn nun noch ein starker Wind geht, zeigt das Thermometer immer noch minus vier Grad. Mein Körper aber sagt: „Jetzt ist es noch kälter.“ Sowas geht doch gar nicht. Das geht auch tatsächlich nicht. Minus vier Grad bleiben minus vier Grad, egal ob windstill oder bei heftiger Bise.
Dass wir bei gleicher Temperatur aber stärkerem Wind mehr frieren, liegt an der Physik. Unsere Haut ist normalerweise relativ warm, sicher wärmer als minus vier Grad. Unser Körper erwärmt also im Prinzip die ihn umgebende Luft. Je mehr Wärme wir an die Luft um uns abgeben, desto eher kriegen wir kalt. Bei Umgebungsluft, die ungefähr 30 Grad Celsius beträgt, kriegen wir nie kalt, weil die Luft uns keine Wärme entzieht. Sinkt die Temperatur leicht, hat das auch kaum Auswirkungen, weil unser Körper problemlos nachkommt mit dem Erwärmen. Je mehr die Temperatur nun aber sinkt, desto mehr Wärme gibt unser Körper an die Umgebung ab, desto stärker und schneller kühlen wir ab.
Minus vier Grad halten wir mit entsprechender Kleidung problemlos längere Zeit aus. Der Körper kann genügend Wärme „produzieren“. Wenn aber zu den vier Grad unter Null noch ein Wind geht, wird ständig die Luft, die unser Körper leicht erwärmt hat, abgetragen. Da kommt unser Körper dann nicht mehr gleich gut mit, wir beginnen verstärkt zu frieren.
So ungefähr geht das, habe ich mir sagen lassen. Oder so habe ich seine Ausführungen zumindest verstanden. Von einem, der in Physik aufgepasst hat. Obschon, ich glaube unsere Beispiele und Experimente in der Schule waren nie so praxisbezogen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Meine Finger habe ich nach zwei Stunden, als ich zum Auto zurück kam, kaum mehr gespürt. So konnte ich mich dann auch nicht mehr durchringen, das obige Foto aus näherer Perspektive zu schiessen und habe stattdessen – Zoom sei Dank – direkt vom Auto aus geknipst. Aber das bleibt unter uns, ja. Muss ja nicht jeder wissen, dass das Bild eben nicht irgendwo im Gebirge, knapp an der Baumgrenze entstanden ist.
